Archäologie: Centre zeigt in Aachen gefundene keltische Münzen

  • Stadtarchäologe Andreas Schaub stellt gemeinsam mit Bürgermeisterin Hilde Scheidt, Stadtbaurätin Frauke Burgdorff, Museumsleiter Prof. Frank Pohle und den RWTH-Professoren Klaus Reicherter und Klaus Scherberich die neuesten Ausstellungsstücke im Stadtmuseum vor.
  • Die Münzen sind Zeugen eines bislang wenig erforschten Kapitels Aachener Geschichte und stammen aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. – etwa aus der Zeit Julius Caesars.
  • Die historischen Funde sind über einen privaten Nachlass in den Besitz der Stadt gelangt.

 

Die Geschichten hinter der Geschichte: Die sind es, die Stadtarchäologe Andreas Schaub und seine Mitstreiter*innen immer wieder faszinieren. Oft genug werden die spannenden Geschichten aus der Vergangenheit Aachens sprichwörtlich ausgegraben. Manchmal kommen sie aber auch auf ganz anderen ungewöhnlichen Wegen ans Tageslicht. So geschehen vor kurzem mit zwei keltischen Goldmünzen, die einst auf Aachener Gebiet von einem Privatmann gefunden worden sind und nun den Weg ins Stadtmuseum Centre Charlemagne gefunden haben.

 

Stadt Aachen ist über einen privaten Nachlass in den Besitz von seltenen keltischen Goldmünzen gekommen. Präsentation im Centre Charlemagne

 

Münzen im Stadtmuseum besichtigen

 

Gemeinsam mit Bürgermeisterin Hilde Scheidt, Stadtbaurätin Frauke Burgdorff, dem Leiter des Centre Charlemagne, Prof. Dr. Frank Pohle, und den RWTH-Professoren Dr. Klaus Reicherter (Lehr- und Forschungsgebiet Neotektonik und Georisiken) und Dr. Klaus Scherberich (Institut für Alte Geschichte) präsentierte Stadtarchäologe Schaub am Freitag (21. Januar) im Rahmen eines Pressetermins die spannenden historischen Funde. Besucherinnen und Besucher des Centre Charlemagne können die Münzen ab sofort im Stadtmuseum bestaunen.

 

„Die keltischen Münzen sind Zeugen eines bislang wenig erforschten Kapitels Aachener Geschichte“, berichtete Andreas Schaub. Sie stammen aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. – etwa aus der Zeit kurz bevor Julius Caesar Gallien eroberte. Doch nicht nur die Geschichte zu den Münzen ist spannend, sondern auch die Geschichte, wie sie in den Besitz der Stadt Aachen und nun ins Museum gelangen konnten. Über einen privaten Nachlass erhielt die Verwaltung nämlich die Chance, die seltenen Funde zu sichern.

 

Stadtbaurätin Frauke Burgdorff sagte: „Aachen schaut auf eine lange Siedlungsgeschichte zurück, die weit in die Römerzeit und darüber hinaus reicht. Nun hat unser Team der Stadtarchäologie wieder ein neues Teil in unser großes Stadtgeschichte-Puzzle eingefügt, das uns die Stadt noch besser verstehen lässt. Schade, dass wir nicht heute schon sehen können, welche Spuren von uns dereinst gefunden werden!“

 

Stadt Aachen ist über einen privaten Nachlass in den Besitz von seltenen keltischen Goldmünzen gekommen. Präsentation im Centre Charlemagne
v.l.: Andreas Schaub, Prof. Dr. Frank Pohle,Prof. Dr. Klaus Reicherter–RWTH, Frauke Burgdorff–Stadtbaurätin,Prof. Dr. Klaus Scherberich–RWTH, Hilde Scheidt

 

Auch Bürgermeisterin Hilde Scheidt zeigte sich erfreut: „Es handelt sich um eine wahrhaft spannende Geschichte, wie die Münzen in unseren Besitz gekommen sind.  Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass Bürger*innen die Stadtgeschichte reicher machen können.“

 

Es handelt sich um zwei jeweils rund sechs Gramm schwere Goldmünzen, deren Prägung sie als so genannte „Ambianerstatere“ ausweisen. Die Ambiani waren ein keltischer Volksstamm in der Gegend des heutigen Amiens (Frankreich). Münzen dieses Typs wurden in verschiedenen Varianten ausgeprägt und sind in unseren Breiten äußerst selten. Vor allem eine Variante wurde in der münzkundlichen Forschung bisher mit dem Stamm der Eburonen in Verbindung gebracht, die in unserer Region verortet werden. Für eine genaue Zuweisung sind exakte Angaben zu Größe, Gewicht, Legierung und Details der Prägung ausschlaggebend.

 

Doch wie finden Fachleute eigentlich heraus, wie alt so eine Münze tatsächlich ist? Bei dieser Frage kamen die beiden Experten und RWTH-Professoren Dr. Klaus Reicherter und Dr. Klaus Scherberich ins Spiel. Scherberich lehrt und forscht am RWTH-Institut für Alte Geschichte. Er hat, nach ersten Hinweisen des hinzugezogenen LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, die weitere numismatische Bestimmung durchgeführt. Die Numismatik, auch Münzkunde genannt, ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Geld und seiner Geschichte. Da der vorherige Besitzer kein Sammler und auch kein Geschichtsliebhaber war, war die Herkunft zum Beispiel aus einer Auktion eigentlich auszuschließen. Außerdem haftete den Münzen noch Sediment-Stücke – also kleine Erdreste – an. Auch das sprach dagegen, dass die Münzen bereits über den kommerziellen Kunsthandel unterwegs waren.

 

Der „Öcher Dreck“ schafft Klarheit

 

Nach dieser ersten Analyse überlegte Stadtarchäologe Schaub gemeinsam mit  Geologie-Professor Klaus Reicherter, welche Möglichkeiten es gebe, die winzigen Sedimentreste auf den Münzen zu analysieren. „So wollten wir herauszufinden, ob es sich dabei tatsächlich um ‚Öcher Dreck‘ handeln kann“, so Schaub. Diese Untersuchungen – es wurde dafür eigens eine Studienarbeit erstellt – waren so erfolgreich, dass die Herkunft aus Aachens Erde mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmt werden konnte. Schaub. „Daraus war dann zu schließen, dass der verstorbene Besitzer die Münzen möglicherweise beim Spazierengehen irgendwo gefunden haben könnte. Seine Nachkommen haben für mich in eine Karte eingetragen, wo er sich vorzugsweise zu Fuß bewegt hat.“ Es handelte sich um das Gebiet zwischen Haaren und Verlautenheide. Genau dort befindet sich die einzige Region auf Aachener Stadtgebiet – von ein paar kleinen Scherben in der Innenstadt abgesehen – von der keltische Siedlungsreste sowie eine weitere Goldmünze bekannt sind.

 

Daraufhin wurde Schaub gemeinsam mit Centre-Charlemagne-Leiter Prof. Dr. Frank Pohle aktiv, um die Stücke für Aachen sichern. „Die Besitzer waren dankenswerter Weise bereit, uns die beiden Münzen für einen sehr fairen Preis zu überlassen“, freuen sich die beiden städtischen Geschichtsexperten. Für Pohle ist es schön zu sehen, wie die Sammlung des Stadtmuseums durch solche Stücke immer wieder bereichert wird: „Geschichte stellt keine Erkenntnis für die Ewigkeit bereit. Immer wieder bringen neue Sichtweisen auch neue Wertungen der Vergangenheit hervor, immer wieder sind wir gezwungen, Geschichte neu zu schreiben – hier einmal mehr durch den Beitrag der Archäologie und ihre Funde. Über die Geschichte Aachens vor der Römerzeit wissen wir nicht viel – nun aber durch das Zeugnis dieser beiden Münzen wieder ein bisschen mehr.“

 

Weitere Infos über Stadtarchäologie Aachen: www.zeitreise.ac

 

Das Stadtmuseum im Internet: www.centre-charlemagne.eu.