Archäologische Fenster in Aachen

Das lässt tief blicken …

Archäologische Erkenntnisse beruhen nicht allein auf den gefundenen Objekten. Mindestens genauso wichtig sind die im Boden sichtbaren Strukturen.

Meist ist es jedoch nicht möglich, diese Formationen aus dem Boden zu entfernen, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, zumindest nicht, ohne sie zu zerstören. Um jedoch diese Befunde zu erhalten und dennoch sichtbar zu machen, werden an besonders aussagekräftigen Punkten sogenannte „archäologische Fenster“ eingerichtet. Durch verschiedene architektonische Installationen wird somit jedem Interessierten die Möglichkeit gegeben, sich selbst ein Bild der Dinge zu verschaffen.

Aachener Dom

Bad und Herberge unter der Kirche

Die karolingische Pfalzkirche wurde am Ort römischer Thermen errichtet. Reste der Thermen und angrenzenden Bauten – wohl einer Herberge – haben sich zwischen den Fundamenten in etwa 3 m Tiefe erhalten. An einer Stelle im Nordjoch des Umgangs wurde durch die Dombauleitung eine Glasplatte in den Boden eingelassen. Man erkennt dort römische Mauern mit Resten einer Fußbodenheizung (hypocaustum), einen römischen Abwasserkanal sowie die eindrucksvollen Fundamente der karolingischen Kirche.

Aachener Rathaus

Karolingisches Mauerwerk aus der Zeit um 800

An der Stelle des heutigen Rathauses stand bis in das Jahr 1330 der Zentralbau der Aachener Pfalz Karls des Großen. Nur an wenigen Stellen, wie in den hier sichtbaren Grundmauern, hat sich bis heute karolingisches Mauerwerk aus den Jahren um 800 erhalten. Es besteht aus plattenartiger Grauwacke versetzt in Kalkmörtel. Dieser erhält seine charakteristische rosa Farbe durch das beigemischte Ziegelmehl. Es wurden auch handwerklich bearbeitete Steine wiederverwendet. Hier ist das Fragment eines römischen Grabsteines zu sehen. Das archäologische Fenster am Rathaus wurde 2011 neu gestaltet.

Elisengarten

Mehr als 5.000 Jahre Aachen
Simulation der Vitrine im neuen Elisengarten. Entwurf: kadawittfeldarchitektur

In den Jahren 2008/9 wurden im Elisengraben umfangreiche archäologische Grabungen durchgeführt. Ein Teil der Ergebnisse aus 5.000 Jahren Stadtgeschichte sind in der Archäologischen Vitrine ausgestellt, die mit großzügiger Unterstützung der Firma DSA – Daten und Systemtechnik im April 2013 eröffnet wurde. Mehr dazu unter www.archaeologische-vitrine.de.

Klappergasse

Licht auf das „finstere“ Mittelalter
 

Das Archäologische Fenster stellt sich im Stadtraum als kleines skulpturales Ausrufezeichen aus Stahl dar. Es bietet einen Blick ins städtische Leben des 9./10. bzw. des 15./16. Jahrhunderts.

Im Jahre 2005 wurde hier bei Tiefbauarbeiten der STAWAG, auf einer Mauer aufsitzend, eine Blausteinrinne gefunden. Sie wurde mit dem Wasser des Paubachkanals gespeist und diente zur Versorgung der Brudermühle, die bis 1941 an der Stelle der heutigen Häuser an der Klappergasse 2-4 stand. Eigentümer der Mühle war die Gemeinschaft der Stiftsherren des Marienstiftes. Die Brudermühle hieß auch Brodmühle, was in der Folge der Name eines Restaurants war (zur Brodmühle), das später an dieser Stelle stand. Im Bierkeller des 1941 bei einem Bombenangriff zerstörten Hauses lagen noch zwei Mühlsteine. Die mächtige Bruchsteinmauer unter der Rinne stammt von einem Großbau des 9./10. Jahrhunderts, über den wir keine weiteren Erkenntnisse haben.

Bei Grabungen der Firma sk ArcheoConsult wurden zwei Zeitschichten dokumentiert. Über einer älteren Mauer, deren dazugehöriges Gebäude wir nicht weiter kennen, verläuft das spätmittelalterliche Mühlengerinne.

Rennbahn

Ein Abschnitt des mittelalterlichen Paukanals

Aachen ist eine Stadt des Wassers. Dennoch ist heutzutage nur an wenigen Stellen fließendes Wasser in Aachen zu sehen. Das liegt vor allem daran, dass die Bäche wie Pau, Ponelle und Johannisbach spätestens seit dem Mittelalter kanalisiert wurden.

Die Grabungen der Aachener Firma sk ArcheoConsult haben in der Rennbahn einen Abschnitt des mittelalterlichen Paukanals aufgedeckt. Die Steinplatten der Kanalabdeckung wurden in 1 m Tiefe gefunden und auf Initiative von Dietmar Rummler in den jetzigen Bürgersteig integriert.

Templergraben

Die staufische Stadtbefestigung – die sogenannte „Barbarossamauer“

Auf Veranlassung Kaiser Friedrich I. Barbarossa wurde im Jahr 1171 mit dem Bau der ersten Stadtmauer Aachens begonnen. Sie umschloss mit einer Länge von ca. 2.500 m ein Areal von rund 50 ha. Bei Breiten von 1,5 bis 2,5 m erreichte sie eine Höhe von 8 bis 10 m. Ein Teilstück der „Barbarossamauer“ ist an der östlichen Rückseite der Parzelle erhalten.

Der vorgelagerte Wehrgraben war bis zu 26,8 m breit und bis zu 8 m tief. Nachdem er mit Errichtung des jüngeren Mauerrings seine fortifikatorische Funktion eingebüßt hatte, blieb er zunächst weitgehend offen. Erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden auf dem mittlerweile verfüllten Graben zunehmend mehr Häuser errichtet. Die feldseitige Grabenböschung war durch eine vorgelegte Bruchsteinmauer zusätzlich gesichert. Die Mauer besteht aus einer in Kalkmörtel gesetzten, regelmäßigen Quaderschale aus Kohlesandstein vor einer Hinterfüllung aus Kalkmörtel und Bruchsteinbrocken.

Diese Grabenmauern werden in der Wehrarchitektur als Contrescarpe (Kontermauer) bezeichnet. Sie ermöglichten eine wesentlich steilere Grabenböschung als bei Gräben ohne Kontermauer. Zusätzlich schützten sie die Grabenwand vor Erosion. Dieses Element mittelalterlicher Wehrarchitektur ist im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit häufig anzutreffen. So besaß auch die jüngere, äußere Aachener Stadtbefestigung aus der Mitte des 13. Jahrhunderts eine aus Ziegeln errichtete Contrescarpe. Die Kontermauer der staufischen Befestigung zählt zu den frühen Vertretern und zeigt, dass Aachen in wehrtechnischer Sicht auf der Höhe der Zeit war.