Über einen Meter breit und fast 50 Zentimeter hoch muss er gewesen sein: Eine Schüler*innengruppe vom Heilig-Geist-Gymnasium Würselen aus der Archäologie- und der 3D-Druck-AG hat sich mit ihrem Lehrer Olaf Grodde an eine Rekonstruktion eines Inschriftensteins aus der Römerzeit gemacht. Drei Schüler übergaben nun das fertige Stück leihweise dem Centre Charlemagne. Das Stadtmuseum stellt die Replik der seltenen Inschrift aus der Römerzeit als Exponat im Rahmen der kommenden Ausstellung „Wer schreibt, der bleibt – Als die Römer uns die Schrift brachten“ vom 25. Mai bis 1. September 2024 aus.
Ein besonderes Zeitzeugnis
„Normalerweise sind alte Inschriften spröde und in Teile zersprungen. Deshalb ist es für uns besonders wertvoll, dass wir diese hier im Rahmen der Bildungspartnerschaft, die die Stadtarchäologie mit der Schule pflegt, in Originalgröße herstellen lassen konnten“, freut sich Dr. Frank Pohle, Leiter des Centre Charlemagne, über das Exponat für die kommende Wechselausstellung.
Das Original wurde zu Zeiten Kaiser Trajans (98-117 n. Chr.), unter dessen Herrschaft das Römische Reich seine größte Ausdehnung erreichte, in Aachen aufgestellt. Dort stand geschrieben, dass der Herrscher auf seine eigenen Kosten hier etwas bauen ließ. „Das ist nicht irgendeine Inschrift für Aachen. Dass Trajan hier selbst als Bauherr genannt wird, zeigt deutlich: Aachen stand schon vor Karl dem Großen in kaiserlicher Gunst. Das ist sehr selten“, weiß Stadtarchäologe Andreas Schaub. Die Inschrift entstand wahrscheinlich in der frühen Herrschaftszeit des Kaisers, als er noch als Statthalter Niedergermaniens im heutigen Köln weilte. Das lässt der Beiname Germanicus, der auf der Inschrift zu lesen ist, vermuten. Dieser Titel war einer der ersten des römischen Kaisers. Spätere Beinamen Trajans, die er während seiner Herrscherzeit ansammelte, sind in der Aachener Inschrift nämlich noch nicht aufgeführt.
Durch die Rekonstruktion eines Bruchstücks können sich Besucher*innen des Centres bald ein Bild davon machen, wie das römische Original einmal ausgesehen hat.
Aufwändige Rekonstruktion
Die Rekonstruktion erfolgte in Zeichnungen, Modellen, digital – und schließlich als 3D-Druck. Sie entstand im Rahmen der Teilnahme des Würselener Gymnasiums an dem Schulprogramm „denkmal aktiv“ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
„Die Rekonstruktion des Textes hatten zuvor bereits die Experten übernommen. Ich habe dann eine zweidimensionale Skizze angefertigt. Wir mussten die Rekonstruktion dünner machen, weil der Druck sonst noch mehr Zeit benötigt hätte“, erzählt Johannes aus der Archäologie-AG des Gymnasiums. Wie lange es gedauert hat die Teile herzustellen, berichtet Avaneesh aus der 3D-Druck-AG: „Wir haben immer schon vor dem Unterricht einmal den Drucker laufen lassen, damit wir nach Schulschluss über Nacht das nächste Teil drucken lassen konnten. Bei großen Teilen hat das manchmal bis zu 15 Stunden gedauert.“
Die Zusammenarbeit des Heilig-Geist-Gymnasiums und der Stadtarchäologie Aachen besteht im Rahmen des Programms der Geschäftsstelle „Bildungspartner NRW“ bereits seit 2020.