Münzfunde liefern weitreichende historische Erkenntnisse

Münzfunde liefern weitreichende historische Erkenntnisse

Universität Frankfurt katalogisiert römische Münzen aus der Region Aachen / 08.09.2009

 

Auf den ersten Blick nimmt man sie als kleine Lehmklümpchen wahr. Erst bei näherem Hinschauen kann man erkennen, dass sich mehr dahinter verbirgt: Es sind Bronzemünzen aus der Zeit der Merowinger. Kein Wunder, dass die Archäologen sie bei der Domausgrabung in den Jahren 1910-1911 nicht entdeckt hatten. “Damals kannte man keine Metalldetektoren und hatte schlechteres Licht”, meint der Aachener Stadtarchäologe Andreas Schaub. In den vergangenen Wochen sind sie mit moderner Technik aus dem damaligen Ausgrabungsschutt geborgen worden, der jetzt neu untersucht wird. Und liefern ein weiteres Indiz für die Vermutung, dass Aachen auch in der Zeit nach den Römern und vor den Karolingern durchgängig besiedelt worden ist.
  

Die kleinen, unscheinbaren Münzen lassen weitere, spannende Rückschlüsse über die große Geschichte der Kaiserstadt ziehen: Bislang ungeklärt ist zum Beispiel die Frage, ob Aachen im Zuge der großen Bataver-Aufstände ebenfalls zerstört worden ist. Im Jahr 69 n. Chr. haben germanische Völker gegen die Römer revoltiert, der Aufstand ist im Herbst des Jahres 70 n. Chr. niedergeschlagen worden. Wahrscheinlich sei Aachen unversehrt geblieben, meint Dr. Holger Komnick von der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Denn in solchen Zeiten haben die Menschen Verstecke mit ihren Geldvorräten angelegt, es müssten also mehr Münzen gefunden werden. Eine solche Häufung sei in Aachen jedoch nicht festzustellen.

 

Komnick ist gerade damit beschäftigt, ein umfangreiches wissenschaftliches Werk über die Münzfunde in der Region Aachen zu schreiben. Der 600 Seiten starke Band ist Teil der renommierten Reihe “Fundmünzen der Römischen Zeit in Deutschland (FMRD)”. Er analysiert nicht nur aktuelle Funde aus den Ausgrabungsstätten im Dom und im Elisengarten, sondern durchstöbert die Archive in den Museen. So konnte er eine seltene nordspanische Münze im Magazin des Suermondt-Ludwig-Museums entdecken. Sie wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in der Minoritenstraße gefunden und stammt aus der Zeit des römischen Kaisers Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.). Wie kam sie nach Aachen? Sie hatte eine Provinzialprägung, wurde also nur für den regionalen Geldumlauf geprägt und nicht für den Handel verwendet. Außerdem war ihr Wert zu gering. Komnick glaubt, dass sie ein Soldat der spanischen Truppen mit nach Aachen gebracht hat, die im Jahre 13 v. Chr. im Legionslager Xanten stationiert waren. Sie haben sich im Militärbad in Aachen erholt.

 

Offenbar haben sich auch Teilnehmer an der Varus-Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 n. Chr. in Aachen regeneriert. So wurden hier Münzen gefunden, die einen Stempel des römischen Feldherren tragen.

 

Vor allem das Militär sei damals der Hauptgeldträger gewesen, meint Holger Komnick. Die Bauern hingegen waren meistens Selbstversorger oder haben Tauschhandel betrieben. “Allerdings mussten die Steuern mit Geld bezahlt werden”, erläutert der Frankfurter Wissenschaftler.

 

Auch eine seltene Bronzemünze der Ostgoten wurde in Aachen gefunden, die vermutlich von einem Soldaten stammt, der nach der militärischen Niederlage seines Volkes im 6. Jahrhundert zu den Franken übergelaufen ist.

 

Die Arbeit des Frankfurter Numismatikers ist für Schaub ein weiterer Beleg dafür, dass Aachen derzeit stark im Mittelpunkt des internationalen wissenschaftlichen Interesses steht. So ist die Stadt Gegenstand des Diskurses auf einem Kongress über historische Erdbeben in Spanien und auf einem Sachsen-Kongress in Maastricht.